Erklärbärcamp
Disclaimer 1: Ulrich und Dorian haben was auf die Beine gestellt. Super.
Disclaimer 2: Ich habe großen Respekt für die Orgas des Barcamp Graz. Die stellen jedes Jahr einen gut besuchten und gut organisierten Event hin.
Also wenn Ihr Zeit und Lust habt, besucht das Barcamp Graz 2016.
Ich hab ja auch schon immer ein bissl meine Probleme mit dem ____camp Konzept des BCG gehabt – diese „zig Camps innerhalb eines Camps” Idee hat sich mir bis jetzt noch nicht erschlossen.
Aber den Vogel haben die BCG Orgas jetzt mit der Auswahl des „Erklärbärcamp” aus dem „Call for Camps” abgeschossen. Ernsthaft? Ein „Erklärbärcamp”?
Aus der Beschreibung:Wir wollen einen Sachverhalt erklärbar machen. Unterschiedlichste Personen und ExpertInnen sollen gemeinsam an einem Thema arbeiten und als Endergebnis soll eine Infografik stehen, die Laien auf einen Blick verstehen und eine neue Erkenntnis vermitteln.Also eigentlich ein „Infografik Workshop” und kein Camp? Bin ich schon so
[ ] alt [ ] zynisch [ ] desillusioniert [ ] geistig eingerostet [X] all of the abovedass ich die Idee, komplexe Sachverhalte auf EINE hübsche, bunte Infografik zu reduzieren für Schwachsinn halte? Oder entspricht das der Aufmerksamkeitspanne der so hoch gelobten Millenials?
Ich mein, wenn die zu vermittelnde Erkenntnis „das ist komplex” sein soll, würde ich das noch verstehen. Wenn die Infografik in ein Umfeld von weiteren Informatione, Texten, Videos, … eingebettet ist, wie das „die guten Medien” machen, würde das ja sogar fast Sinn ergeben. Aber eine Infografik um der Infografik willen?
Und was soll die Unterscheidung zwischen Personen und ExpertInnen? Auf einem Barcamp gibt es Personen, die daran teilnehmen und auf Augenhöhe miteinander kommunizieren. Punkt. Nicht mehr und nicht weniger. Keine KeynotespeakerInnen, keine selbsternannten ExpertInnen, keine ErklärbärInnen. Nur interessante Menschen, die miteinander reden und voneinander Lernen – soweit zumindest meine Barcamperfahrung.
„ExpertInnen” sind Personen, die von Wir/Willkommen Österreich/Unser Österreich eingeladen werden, weil sie ein Buch/Dienstleistung verkaufen wollen und sich deshalb als „ExpertInnen” aufspielen.
Und wer gibt das Thema vor, das in diese „Infografik” verarbeitet werden soll? Die „ExpertInnen”? Oder die organisierenden Unternehmensberater?
Infografiken die die Leute abholen wo sie stehen
– die nächste Beraterfloskel. Leute sitzen meistens. Manchen können, aus verschiedensten Gründen, nicht stehen. Und worauf bezieht sich das „stehen”? Auf den Wissenstand „der Leute”? Auf den Bildungsgrad „der Leute”? Und wer sind „die Leute” eigentlich? Dieser Satz strotz von einer Präpotenz und einer „top-down” Mentalität, dass mir fast übel wird.
Allein dieser Satz der Campbeschreibung ist für mich ein derartig tiefer Griff ins Klo …
Und was haben „Data Science”, Visualisierung und Design mit „ErklärbärInnen” zu tun? Wenn das ein Camp wäre, auf dem man von und mit Psychologen, Philosophen und Pädagogen jeden Geschlechts lernen und diskutieren kann, wie man komplexe Sachverhalte vermittelt – das wäre IMHO spannend und interessant.
Aber so …
Müde von den ganzen Diskussionen bei denen sich gegenseitig Argumente bestätigt werden und am Ende bis auf Bestätigung nichts als die große Leere bleibt?
bedeuten soll, wäre ich überhaupt dankbar. Weil mit „ErklärbärInnen” und „Wissen teilen” hat das IMHO nix zu tun.
- Wenn man sein Wissen teilt, hat man dann nachher selber nicht weniger Wissen?
- Müsste es nicht ErklärbärInnencamp heißen?
Tagged as: barcamp, bcg16, rant | Author: Martin Leyrer
[Samstag, 20151219, 18:38 | permanent link | 2 Kommentar(e)