Warum muss ich mich als Technologie-affiner Mensch noch immer als „Fuzzi” titulieren lassen?
Im Online-Standard wird von einer Diskussion rund um die Grünen Vorwahlen unter dem Titel „Internet Fuzzis” wollen „Grünes Haus” stürmen
berichtet:
Helge Fahrenberger, Blogger und Mitinitiator der „Grünen Vorwahlen”, stellte klar, dass es darum gehe, die Grünen „zu zwingen ihr Versprechen einzulösen” und die „Basis-Demokratie” zu stärken. Das Internet sei seiner Meinung nach die ideale Plattform dafür. Das erkläre auch, warum unter den über 200 Vorwählern viele „Internet Fuzzis” zu finden seien, so Fahrenberger.
franz joseph hat sich daran angehängt und entsprechende T-Shirts entworfen:
Auch wenn der Begriff von Helge durchaus ironisch verwendet wurde, habe ich persönlich ein massives Problem mit diesem Begriff, der sich aus einer alten TV-Serie entwickelt hat:
In den Filmen [im Serial „Billy the Kid”, Anm.] ist Fuzzy ein eigensinniger, alter Cowboy, eine Art Dorftrottel, der allen Klischees bis hin zur kratzigen Stimme gerecht wird
…
In Deutschland wurde die Figur des Fuzzy durch die ZDF-Fernsehserie Western von gestern in den 1980er-Jahren auch einem jüngeren Publikum bekannt. Der eingedeutschte Begriff Fuzzi für einen nicht ganz ernst zu nehmenden Menschen fand Eingang in die Umgangssprache.
Könnten wir bitte damit aufhören, EDV-, IT- und Social Media Expertinnen und Experten als „Fuzzis” zu bezeichnen? Wir sprechen ja auch nicht von Wasserfuzzis (Installateur), Holzfuzzis (Tischler) oder Autofuzzis (Mechaniker).
Ja, wir Technik-affinen Menschen müssen damit leben, dass unsere Grundlage erst lange nach der Entstehung der Zünfte entstand und wir daher noch immer keine brauchbare Standesvertretung, Gewerkschaftsvertretung und die öffentliche Anerkennung haben, wie etwa der Tourismus in Österreich. Deswegen muss man uns aber nicht als „Fuzzis” abtun.
Nur um zu unterstreichen, wie wichtig diese „Fuzzis” mittlerweile für Österreich sind:
Laut Statistik Austria waren 2006 15.200 Unternehmen mit 111.766 Beschäftigten in der IKT-Branche (Informations- und Kommunikationstechnologie-Branche) tätig. Vor zwei Jahren hatte die IKT-Branche mit deutlich weniger Betrieben fast genausoviel Mitarbeiter wie die Tourismusbranche. Und im Gegensatz zur Tourismusbranche handelt es sich dabei um Ganzjahresarbeitsplätze!
Es geht aber noch weiter. Laut Statistik Austria, WKÖ und BMWA (PDF) beliefen sich sich die direkten und indirekten Wertschöpfungseffekte des Tourismus 2006 auf 15,23 Mrd. Euro.
Im Gegensatz dazu: Laut den Zahlen der RTR vom Juni 2007 (PDF) belief sich der Umsatz des österreichischen IKT-Marktes im Jahr 2006 auf EUR 14,91 Mrd. – Tendenz weiter wachsend.
Und denkt mal drüber nach, was passieren würde, wenn die IT-Fuzzis, die mit einem lächerlichen Kollektivvertrag abgespeist werden, auf einmal in einer Gewerkschaft organisiert wären und streiken: Billa, Tankstellen und Co. bekämen ihre Lieferungen nicht mehr rechtzeitig, weil die Logistik komplett in der EDV abgewickelt wird. Gehaltsabrechnungen, Fernwärme, Gas, Wasser kämen nicht mehr verlässlich, weil diese über Server gesteuert werden. Öffentliche Verkehrsmittel würde noch unverlässlicher fahren, weil sie ebenfalls über Rechner gesteuert werden, die von den „Fuzzis” betreut werden. Von Ampeln, … wollen wir ja gar nicht erst reden.
Also liebe Leute, überlegt Euch, ob die IT-Profis, die Euch jeden Tag dabei helfen, Eure Arbeit zu erledigen, wirklich einfach nur „Fuzzis” sind.
Hint: Am 31. Juli findet der 10. System Administrator Appreciation Day statt, and dem man sich bei seinen „Fuzzis” bedanken kann/sollte.
Tagged as: fuzzi, fuzzy, it, rant, social media, technologie | Author: Martin Leyrer
[Sonntag, 20090607, 23:31 | permanent link | 1 Kommentar(e)
Fuzzi sagen eben Leute, die nichtmal mit den Begriffen Nerd oder Geek etwas anfangen können. Obwohl Wasserfuzzi und Autofuzzi hat schon was!-)
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