SchriftstellerInnen-Neuland
Im FAZ Feuilleton gab es heute einen Text, in dem sich 560 Schriftsteller und Schriftstellerinnen aus der ganzen Welt, darunter 21 aus Österreich, gegen die systematische Überwachung im Internet durch Geheimdienste wie die amerikanische NSA aussprechen.
Unter den 21 Österreicherinnen und Österreichern finden sich auch die folgenden Personen:
- Olga Flor
- Karl-Markus Gauß
- Klaus Hoffer
- Robert Menasse
- Doron Rabinovici
- David Schalko
- Robert Schindel
- Marlene Streeruwitz
Falls jemanden die Namen bekannt vorkommen, … Ja, diese Personen haben sich auch auf die Unterstützer-Liste der PR-Aktion „Kunst hat Recht” setzen lassen bzw. waren „Initiatoren” (Namen kursiv) des Kunstprojekts.
Nachdem die PR-Aktion Ihre Preise eingeheimst hat, ist es jetzt (mein Blutdruck bedankt sich) wieder sehr ruhig um „Kunst hat Recht” geworden. Lasst mich daher auszugsweise zitieren, was die Damen und Herren, die sich heute GEGEN eine Überwachung des Internets aussprechen, via „Kunst hat Recht” dennoch unterstützen:
Ein Warnmodell soll zur Aufklärung dienen, dass Urheberrechtsverletzungen vorliegen. Dieses Warnmodell soll nur bei der Bereitstellung von urheberrechtlich geschützten Inhalten zur Anwendung kommen, also nicht beim „Download“ durch private User. Erst wenn es nach zweimaliger Information erneut zu einem Verstoß kommt, soll eine vom Gesetzgeber zu definierende Sanktion erfolgen.
Diese weltweit unter dem Namen „Three Strikes Law” bekannte Regelung führt in den Staaten, welche diese eingeführt haben, zu einer Sperre des Internetzugangs der betroffenen Person. Das ist es, was „Kunst hat Recht” hinter „vom Gesetzgeber zu definierenden Sanktionen” verkausaliert und mit „‘Kunst hat Recht.’ spricht sich daher für den freien Internet-Zugang und gegen Netzsperren für private User aus
” schönzureden versucht.
Die Herrschafften Flor, Hoffer, Menasse, Rabinovici, Schindel und Streeruwitz fordern also einerseits, dass jeder Bürger das Recht haben muss mitzuentscheiden, in welchem Ausmaß seine persönlichen Daten gesammelt, gespeichert und verarbeitet werden und fordern andererseits, dass so viele Daten gesammelt und zur Verfügung gestellt werden, dass man Personen auf deren Basis den Internetzugang abdrehen kann/darf.
Internet-Service-Providern kommt eine wesentliche Funktion bei der Zurverfügungstellung von Inhalten („content“) über das Internet zu. Als „Vermittler“ gemäß § 81 Abs 1a UrhG sind sie unter gewissen Umständen verpflichtet, urheberrechtswidrige Inhalte nicht mehr an ihre Nutzer zu übermitteln.
„Inhalte nicht mehr an ihre Nutzer zu übermitteln,
” – ich habe bis jetzt nicht verstanden, wie diese Forderung von „Kunst hat Recht” nichts mit Netzsperren zu tun haben soll. Und auch die PR-Agentur von „Kunst hat Recht” konnte mir das bis dato nicht erklären.
Die oben genannten Schriftstellerinnen und Schriftsteller führen in in der FAZ aus, dass alle Menschen das Recht haben, in ihren Gedanken und Privaträumen, in ihren Briefen und Gesprächen frei und unbeobachtet zu bleiben. Mit der Unterstützung der Aktion „Kunst hat Recht” unterstützen sie andererseits, dass „ein bißchen Überwachung” notwendig ist, damit man den Zugriff auf bestimmte Inhalte unterbinden kann.
Und wem jetzt noch nicht schlecht ist, der kann sich die Forderungen von „Kunst hat Recht” in ihrer ursprünglichen Version (PDF) vom 25. Jänner 2012 herunterladen. Diese wurden nach einem Aufschrei der österreichischen Netzcommunity zu dem überarbeitet (PDF), was ich oben zitierte.
Da waren so Schmankerln wie
- Die Initiative „Kunst hat Recht.“ fordert daher eine klare gesetzliche Verpflichtung des Internet-Providers zur Auskunftserteilung bei Urheberrechtsverstößen.
- Für die zeitlich befristete Speicherung und Verwendung der für diese Auskunftsleistungen erforderlichen Daten ist eine gesetzliche Grundlage zu schaffen [Zugriff auf die Daten der Vorratsdatenspeicherung, VDS; Anm.]
- Erst wenn es nach zweimaliger Information erneut zu einem Verstoß kommt, soll der Rechtsweg beschritten werden.
dabei. Auch wenn diese Formulierungen1 „nicht mehr gültig” sind, geben sie dennoch einen klaren Einblick, in welche Richtung „Kunst hat Recht” seine Forderungen eigentlich formulieren wollte.
Es erschließt sich mir in keinster Weise, wie sich intelligente Personen wie die oben genannten, einerseits gegen eine Überwachung aber für die Forderungen von „Kunst hat Recht” stehen können. Falls wer diese Personen kennt oder trifft, fragt sie doch mal, ich freue mich auf Erklärungsversuche.
1Respekt muss man der PR-Agentur von „Kunst hat Recht” aber insofern zollen, als dass sie die Originalversion online gelassen haben. Sie dürften den Streisand-Effekt kennen. :D
Tagged as: netzpolitik, rant | Author: Martin Leyrer
[Dienstag, 20131210, 22:10 | permanent link | 0 Kommentar(e)