Es kommt nie was Besseres nach, oder?
OK, mag der geneigte Leser da meinen, das ist ja nicht so schlimm. Stimmt, wäre ja nicht so schlimm, es gibt ja Publikationen, die sich „Magazin für Infrastruktur und Technologie” nennen und dann über die neuesten Autos berichten. Schlimm ist allerdings, wenn kompetente Leute (Eigendefinition) hinausgeschmissen werden und dann Fehler wie diese auftauchen…
… hat Novell nun auf seiner gerade in Saltlake City stattfindenden Technologiekonferenz „BrainShare” bekannt gegeben …Als ich das letzte Mal nachgesehen habe, hieß die Stadt noch Salt Lake City.
Na gut, ist ein Tippfehler. Kann vorkommen, sollte aber nicht. Wo es mir dann aber den Magen umgedreht hat, war folgende Textpassage:
Die neuen Produktfunktionalitäten umfassen erweiterte Schnittstellen für Windows, Macintosh, Linux und Web-Anwendungen, Unterstützung von Microsoft Outlook sowie neue SOAP-/XML Schnittstellen, welche die Integration von GroupWise in Service-orientierte Applikations-Architekturen (SOAP) ermöglichen.Für all jene die das Produkt nicht kennen: Groupwise ist eine Messaging-Lösung wie etwa Exchange/Outlook oder Lotus Notes/Domino (wenn man nur Mail und Kalender benutzt).
So, Novell hat seine Brainshare dazu genutzt, den Kunden zu sagen, dass Groupwise weiterentwickelt wird. Gut, fein - das hat IBM im Jänner für Lotus Notes/Domino im Rahmen der Lotusphere 2005 getan und Microsoft lässt seine Kunden hinsichtlich Exchange weiterhin im Unklaren.
Wo es lustig - wenn es nicht so traurig wäre - wird ist der Part mit SOAP und der Service orientierten Architekturen. Lieber Autor des Artikels:
1) SOAP steht für Simple Object Access Protocol und ist ein W3C Standard, der zusammen mit XML dazu benötigt wird, um Web Services zu implementieren.
2) Service Orientierte Architekturen werden mit SOA abgekürzt. Applikationen, die auf eine SOA basieren, nutzen die dienst-orientierte IT-Architektur, bei der wesentliche Funktionen der Anwendung bzw. Softwaremodule als Service organisiert sind, die beliebig verteilt sein und sich dynamisch, in Abhängigkeit von den Geschäftsprozessen, verbinden lassen.
SOAP und XML sind Basistechnologien, um eine SOA überhaupt programmieren zu können. Wer in dem Bereich tätig ist, sollte das mittlerweile mitbekommen haben. In der US-Presseaussendung wird das von Novell auch korrekt formuliert:
… and new SOAP/XML interfaces to support integration of GroupWise with services-oriented application architectures.
Amüsant fand ich auch folgenden Artikel:
Abgesehen von dem „Fehler”, dass in der Titelzeile IMHO ein „Die” vor das Zukunft gehört, ist der Artikel inhaltlich falsch.
Zukunft von Navision und Axapta heißt .NET
…
Die erste Phase soll dabei von 2005 bis 2007 ablaufen. In ihr sollen nach und nach immer mehr .NET-Funktionen in die jeweils neuen Produktversionen der Geschäftsanwendungen einfließen.
…
In der zweiten Phase, die dann ab 2008 läuft, soll dann eine modulare Prozesskonfiguration der Unternehmenslösungen möglich sein.
Die Schuld trifft den Autor des Artikel aber nur zum Teil, auch die Herrschaften von Microsoft Deutschland haben hier mit ihrer grottenschlechten und inhaltlich falschen Übersetzung Adaption der US-Aussendung ihren Beitrag dazu beigetragen.
Ich weiß nicht, woher die deutschen Microsofties den Teil mit .NET in der ersten Phase haben. Eventuell haben sie das aus dem US-Text „Microsoft’s business applications also will interoperate with service-oriented applications” hineininterpretiert. Aber gesagt wurde das von Microsoft auch nie.
Und was in der zweiten Phase die relevantere Info ist: „Innovations released during the second wave will draw on the power of WinFX”. Navision/Great Plains/Axapta setzt also massiv auf die Technologien, die mit Longhorn ausgeliefert werden (Avalon, Indigo).
Also korrekt und interpretiert schaut das Szenario für die Microsoft Business Solutions momentan so aus:
Zwischen 2005 und 2007 (also im „Longhorn-Timeframe”) bringt Microsoft einige Technologien (ähnliche Oberfläche, Reports mittels des SQL-Servers, Integration des SharePoint Server) heraus, welche die einzelnen Produkte „etwas” näher zusammenbringen sollen.
Danach, also etwa 2008, wird es technologisch heftiger. Hier sollen Navision/Great Plains/Axapta gemeinsame GUI-Elemente bekommen, die zum Teil auch schon auf einem gemeinsamen Code basieren. Diese Änderungen basieren dann bereits auf dem Visual Studio 2005 (Whidbey) bzw. dessen Nachfolger Orca, dem dann aktuellen .NET Framework und den neuen WinFX APIs wie etwa Avalon oder Indigo.
Project Green, also eine komplett neue ERP-Anwendung, welche die bisherigen Lösungen ablösen soll, ist weiterhin das Ziel von Microsoft, einen genauen Zeitpunkt, wann diese Lösung auf den Markt kommen soll, gibt das Unternehmen allerdings nicht (mehr) bekannt.
Der Begriff .NET ist mit der kurzfristigen Umbenennung des Windows .NET Servers in Windows Server 2003 aus allen Produktnamen des Softwarehauses verschwunden - wenn man vom Entwicklungstool „Visual Studio .NET 2003” absieht. Die Namensänderung im Jänner 2003 hatte meinen Informationen zufolge den Hintergrund, dass man die Produktnamen nicht mit einer Technologie vermischen wollte, die in ein paar Jahren selbstverständlich sein wird.
Und dies hat sich in meinen Augen auch bewahrheitet. .NET ist mittlerweile in Form des .NET Frameworks für den Endanwender kein Thema mehr - auch wenn MS vor 2/3 Jahren noch einen großen Hype darum verursacht hat. Es ist einfach eine weitere Technologie und darum hat MS gut daran getan, den Begriff nicht in die Produkttitel aufzunehmen.
Wenn mir jetzt noch ein Microsofti erklären würde, warum das .NET in dieser Aussendung und damit in den schlecht recherchierten News aufgetaucht ist.
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Tagged as: mITtendrin | Author: Martin Leyrer
[Mittwoch, 20050323, 20:50 | permanent link | 0 Kommentar(e)
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