Für die Privatsphäre wird es 2011 in Wien interessant

Am 30. September 2011 endet die Registrierung der Datenanwendung mit dem Zweck „Videoüberwachung in den Fahrzeugen der Wiener Linien GmbH & Co KG zum Zwecke der Eindämmung von Vandalismusschäden sowie Erhöhung des Schutzes von MitarbeiterInnen und Fahrgästen”.

Man beachte die Reihenfolge bei der Bennenung – Vandalimusprävention vor Sicherheit der MAs und Passagiere! Aber das nur so nebenbei.

Interessant wird das vor allem, weil in dem oben angeführten Bescheid der DSK von 2008 folgende für die Wiener Linien sehr schmeichelhaften Ausführungen zu finden sind:

Hinsichtlich der Durchführung der Videoüberwachung ergibt sich aus dem Bericht keine Änderung gegenüber dem aus der Meldung vom Jahre 2006 ersichtlichen und im Zusammenhang mit der Meldung von der Datenschutzkommission erhobenen Zustand.

… war nunmehr zur Frage der Verhältnismäßigkeit der Videoüberwachung im vorliegenden Fall Folgendes zu erwägen:
 
a) Bei den Angriffen auf Mitarbeiter ergeben die statistischen Zahlen, dass sich seit Einführung der Videoüberwachung in Fahrzeugen der Wiener Linien keine eindeutige Tendenz hinsichtlich einer Änderung der Situation ablesen lässt […]. Der statistisch betrachtete Zeitraum ist offenbar zu kurz, um eindeutige Schlüsse über den Effekt des Einsatzes von Videoüberwachung auf derartige, meist emotional bedingte und daher durch Überwachung weniger beeinflussbare Vorkommnisse ziehen zu können.

Insgesamt hat der Einsatz von Videoüberwachung somit keine Verringerung der absoluten Vorfallszahlen mit sich gebracht. Hiebei ist allerdings zu bedenken, dass es derzeit noch wesentlich mehr nicht-überwachte Züge gibt als überwachte, wodurch die Sichtbarkeit eines allenfalls vorhandenen Effekts der Videoüberwachung negativ beeinflusst wird. Die Wiener Linien erklären die stark steigenden Zahlen mit überhaupt generell steigender Vandalismus-Bereitschaft – eine Annahme, die weder ohne Weiteres bewiesen noch widerlegt werden kann.

Angesichts dieser Ergebnisse der Prüfung des vorgelegten statistischen Zahlenmaterials ist die Verlängerung des Beobachtungszeitraums vor einer endgültigen Entscheidung über die Verhältnismäßigkeit von Videoüberwachung in öffentlichen Verkehrsmitteln notwendig, weshalb wie im Spruch zu entscheiden war.

Man darf also gespannt sein, ob die Wiener Linien nach sechs Jahren Videoüberwachung in U-Bahn, Buss und Bim nun endlich Zahlen erbringen kann, die eine Überwachung als sinnvoll erscheinen lassen könnten.

Wenn man sich die Meldungen bezgl. Schubers vom Bahnsteig auf die Gleise, Sex in der U-Bahn (in diesem Fall offensichtlich und zum Glück im gegenseitigen Einvernehmen) etc. – die alle durch die Videoüberachung nicht verhindert werden konnten, soviel zum Thema „mehr Sicherheit” – in den Medien ansieht, kann man sich eine weitere Genehmigung der Überwachung das eigentlich nicht vorstellen. Der reine Eigentumsschutz (Vandalismus) kann von der DSK nicht höher gewertet werden, als der Schutz auf Privatsphäre – dass die Videoüberwachung objektiv, nicht subjektiv, auch die Sicherheit der MAs und Passagiere erhöht hat werden die Wiener Linien wohl nicht beweisen können.

Was uns zum zweiten Punkt dieses Rants bringt, Open Data. Liest man den obigen Bescheid, so stößt man immer wieder auf Texte wie
[Anmerkung Bearbeiter: die im Bescheid an dieser Stelle folgende Tabelle mit statistischen Daten wird mit Rücksicht auf schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen der Wiener Linien Ges.m.b.H. & Co KG (Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) nicht wiedergegeben.]

Wie können nicht personenbezogene, statistische Daten, auf Basis derer sich ein Bürger selber ein Bild machen könnte, wie es um die Kosten für Vandalismus, Anzahl der Übergriffe auf MAs und Fahrgäste, etc. geht, nicht veröffentlich werden?

Gemäß dem oben angeführten Bescheid sowie Bescheid K507.515-023/0002-DVR/2007 sind die Wiener Linien zu Folgendem verpflichtet:
2. Für diesen Zeitraum sind für alle U-Bahn-Stationen, in welchen Videoüberwachung stattfindet, Aufzeichnungen zu führen über a) Anzahl, Art (einschließlich ungefährer Schadensumme), Datum und Tageszeit, der Ereignung der Vorfälle, die der Auftraggeberin der Datenanwendung zur Kenntnis gelangt sind und eine Auswertung der Video-Aufzeichnungen notwendig gemacht haben;
 
b) Anzahl der von der Auftraggeberin zur Anzeige gebrachten Vorfälle und Anzahl jener Fälle, in welchen der Verursacher ausgeforscht wurde.
 
3. Für diesen Zeitraum sind für eine Anzahl von U-Bahn-Stationen, die gegenüber den von Pkt. 2 erfassten U-Bahn-Stationen hinsichtlich Art und Größe vergleichbar sind und in welchen keine Videoüberwachung stattfindet, Aufzeichnungen über jene Art von Vorfällen vorzunehmen, die bei vorhandener Videoüberwachung zur Auswertung der Video-Aufzeichnungen führen würde.

Das wäre für die Wiener Grüninnen eine Möglichkeit – auch wenn das im Koalitionspapier vereinbarte Symposium sicher noch nicht stattgefunden hat – ihrem Wunsch/Streben nach freiem Zugang zu bestimmten öffentlichen (nicht personenbezogenen) Daten in für Menschen und Maschinen lesbarer Form nachdruck zu verleihen. Die Daten würden diesen Open Data Kriterien ja sicherlich entsprechen.

Um jetzt wieder auf den Boden zu kommen: die Realität wird so aussehen,dass
a) die Wiener Linien eine zeitlich unbegrenzte Lizenz für die Videoüberwachung in ihren Verkehrsmitteln bekommen werden
b) sich die Grüninnen mit ihrem vor den Wahlen so populistisch hinausposaunten Ruf nach „Open Data” nicht durchsetzten werden und wir diese, wie so viele andere Daten, nicht erhalten werden.

Sollte ich mich dennoch irren, wäre mir das eine Flasche guten Single Malt Whisky wert.

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