Der ewige Zombie: E-Voting
Die leicht tendenziöse Semesterfrage „Digitalisierung”, die im Rahmen einer „entgeltlichen Einschaltung in Form einer Kooperation mit der Universität Wien” im Standard ist ein trauriges Blitzlicht auf den aktuellen Stand der digitalen Grundbildung in Österreich.
Insbesondere die zweite Frage „Was spricht gegen die Einführung von E-Voting – die elektronische Stimmabgabe bei Wahlen – in Österreich?”, bzw. genauer gesagt, die „richtige” Antwort darauf, lässt die Wissenden die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Die „korrekte” Antwort laut Universität Wien und Standard wäre nämlich:
Beim E-Voting können Manipulationsversuche gut erkannt und das Wahlgeheimnis gewahrt werde, allerdings stehen Österreicher:innen dem digitalen Wählen skeptisch gegenüber.
In der Begründung wird dann auf einen entsprechenden Text der Uni Wien verlinkt. In diesem Text wird der sicherlich sehr schlaue Hr. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Mag. Dr.techn. Edgar Weippl, der natürlich rein zufällig vor allem zu Blockchain- und Distributed Ledger-Technologien – den zwei Technologien, die noch immer die Probleme suchen, die sie lösen wollen – forscht, wie folgt zitiert:
Kann man E-Voting überhaupt sicher umsetzen? Ja, meint Edgar Weippl, das kann man. Beispielsweise mithilfe der sogenannten „homomorphen Kryptographie”, bei der jede Person selbst überprüfen könne, ob ihre Stimme gezählt bzw. alle Stimmen korrekt addiert wurden.
Ich mein, ich bin sicherlich weder der dümmste, noch der gescheiteste Mensch auf dieser Welt, aber wenn ich mir Homomorphe Verschlüsselung auf Wikipedia durchlese und mir dann z.B. „Λ ○ λ”, eine Haskell library für (Fully) Homomorphic Encryption aus der Liste auf Github raussuche, kann ich nicht selbst überprüfen, ob damit alle Grundsätze des freien, geheimen und persönlichen Wahlrechts erfüllt wurden.
Und genau diese Überprüfbarkeit listet auch der österreichische Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13.12.2011 „V 85‐96/11: E-Voting bei ÖH-Wahl gesetzwidrig” in seinen Bedenken:
… von Bedeutung, dass die wesentlichen Schritte der Wahlhandlung und der Ergebnisermittlung von der Wahlkommission zuverlässig und ohne besondere Sachkenntnis überprüft werden können müssen.
Ich denke nicht, dass Verständniss von homomorphen Kryptographie und die dazugehörigen Programmierkenntnisse als „ohne besondere Sachkenntnis” durchgehen. Vor allem, wenn die Alternative „Papierzettel nach Kreuzchen sortieren” ist.
Aber genau so wird Stimmung gemacht, um über kurz oder lang den feuchten Traum der ÖVP und deren angeschlossenen IT-Dienstleister und IT-Consulting-Unternehmen, manipulierbares e-Voting in Österreich endlich zu etablieren, doch noch zu realisieren – weil es ist ja „sicher”.
Tagged as: e-voting, rant | Author: Martin Leyrer
[Dienstag, 20230110, 19:14 | permanent link | 1 Kommentar(e)
Aber denkt denn niemand ans Kreuz unterm Hiabl. Die machen doch auch schon das mit den Wahlen. Und das mit dem Gutschein. Tausendsasssa.
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