e-Government: Parlament verspielt .gv.at Vorteil

Screenshot des Dokuments 'Internet domainverwaltung gv.at Naming- und Domainregistrierungs- Policy'

Österreichs Politiker:innen brüsten sich ja seit 25 Jahren damit, e-Government Vorreiter zu sein. Oft ist das, wie zu erwarten, reine (partei)politische Propaganda. Manchmal, ja wirklich ab und an passiert es, haben sie damit aber gar nicht sooooo unrecht.

Wie auch in diesem Beispiel kommt dann aber eine Entität und macht das gute Konzept kaputt. Aber lasst mich von vorne beginnen.

Diese Tage hat netzpolitik.org unter dem Titel „Ein gefährliches Glücksspiel” davon berichtet, was passieren kann, wenn ein Ministerium umbenannt wird, und der Domainname zum alten Ministeriumsnamen nicht mehr verlängert wird – wir müssen ja sparen !!!11elf111!!!!

Deutschland hat nämlich ein gravierendes Problem: Behörden, Bund, Länder und Gemeinden haben keine spezielle TLD (Top Level Domain) oder secondary-level Domain (z.B. „gv.uk”), sondern müssen sich aus dem normalen „.de”, … Pool bedienen.

Österreich war hier (überraschenderweise) intelligenter geschickter. Mit „.gv.at” gibt es eine secondary-level Domain, die ausschließlich „Regierung sowie Bundes- und Landesbehörden” zur Verfügung steht. Die Stadt Wien verwaltet im Namen des Bundeskanzleramts die Domain „.gv.at”. Und natürlich gibt es auch eine gv.at Naming- und Domainregistrierungs-Policy mit einem Hauch 1990er Dokumentgestaltung.

Coole Sache. Endet die Domain in „.gv.at” ist es auf jeden Fall eine ofizielle „Behörden”seite. Alles andere sind Fälschungen, Abzocker, Schwindler. Das macht den Zugriff auf offizielle Informationen für Bürger:innen mit digitaler Grundbildung einfach, sicher und nachvollziehbar. Und auch das von netzpolitik.org beschriebene Problem der Domain-Scalper haben wir nicht, da die Domains unter Kontrolle der Behörden stehen. So kann nicht jeder Hinz und Kunz einfach eine veraltete .gv.at Domain abgreifen.

Damit könnte dieser Text enden. Tut er aber leider nicht, weil das Parlament oder einer der hochbezahlten Content/SEO/Kommunikationsberater:innen des Hohen Hauses der Meinung ist, dass es im Jahr 2025 noch immer eines Link-Kürzungstools bedarf. Und während das Parlament, wie zu erwarten, unter https://www.parlament.gv.at/ (old-school mit „www”) erreichbar ist, nutzt der URL-Shortener die Domain „parl.at” (zumindest gehört die Domain der Parlamentsdirektion).

Damit hat das österr. Parlament den Problemen der Nutzung einer genrischen Domain, wie im Artikel von netzpolitik.org, alle Türen und Tore geöffnet. Dabei gibt es 2025 keinen einzigen Grund, URL-Shortener zu verwenden.

Zeichen sparen: Plattformen komprimieren Links mittlerweile automatisch, sodass es keinen Vorteil hinsichtlich div. Zeichenbegrenzung gibt, wenn ein anderes Tool verwendet wird, um Links vor der Veröffentlichung zu kürzen. URLs zählen mittlerweile nicht mehr (oder nur bis zu einer gewissen Anzahl) zum Zeichenlimit.

Metrics: Die Plattformtools von Facebook, Bluesky, Microsoft-LinkedIn und Co. liefern bessere Analysezahlen, als es ein URL-Shortener jemals könnte. Falls Eure hochbezahlten Berater UTMs (das sind Urchin Tracking Modules) nicht kennen, solltet Ihr Agentur wechseln.

Schlechte Accessability: Die Verwendung von URL-Shortenern führt darüber hinaus zu Problemen hinsichtlich der Barrierefreiheit. Die meisten Link-Kürzer erzeugen Links, die aus einer zufälligen Mischung aus Buchstaben und Zahlen bestehen, die den Nutzer:innen keinerlei Aufschluss über den Inhalt des Links oder dessen Speicherort geben – Menschen möchten wissen, wohin sie gelangen. Es handelt sich jedoch auch um ein Problem der Barrierefreiheit, das insbesondere für Menschen, die assistive Technologien wie Screenreader verwenden, zu einer besonders schlechten Nutzererfahrung führt.

Persistenz: „Cool URIs don’t change” hat der World Wide Web Erfinder Sir Tim Berners-Lee 1998 geschrieben. Wie lange wird das wohl für die Links auf „parl.at” gelten?

Und natürllich verliert das Parlament durch die Verwendung von „parl.at” das Vertrauen, das die Bürger:innen über die „Digitale Grundbildung” Maßnahmen (gefördert mit viel Steuergeldner) in „.gv.at” Domains gefasst hatten.

IMNSHO schießt sich das Parlament hier massiv selber in den Fuß und sollte „parl.at” schnellstmöglich deaktivieren (aber weiter bezahlen, siehe netzpolitik.org, *seufz*).

 

Siehe auch:Link shorteners: the long and short of why you shouldn’t use them - UK Government Digital Service (GDS)

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[Freitag, 20251212, 16:43 | permanent link | 0 Kommentar(e)

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