Anonymer Domainbesitz – Die verpassten Geschichten
Der Standard und die Fuzo berichteten:
Auf „Eau de Strache” dokumentierte ein Wiener Aktivist Hasspostings auf Facebook-Seiten der FPÖ. Wie die Futurezone berichtet, wurde die Website nun offline genommen. Der Grund: Die persönlichen Daten des Seitenbetreibers wurden in einschlägigen Gruppen geteilt. Darunter die Telefonnummer, Anschrift und E-Mail-Adresse des Aktivisten.
In den dazugehörigen Gruppen ging es dann mit entsprechenden Kommentaren weiter. Verständlich, dass der Betreiber die Site dann offline nahm. Ich würde auch keine FPÖ Wähler plötzlich vor meiner Tür stehen haben wollen. Rudi Fußi, Michel Reimon und Harald Kapper haben sich dann aber um den weiterne Betrieb der Site gekümmert:
#eaudestrache : Habemus Lösung! DANKE: @hk_net übernimmt Hosting, @michelreimon übernimmt Domain | Redaktion kann unabhängig weiter hackeln
— Rudi Fußi (@rudifussi) June 26, 2015
Leider haben es die österreichischen „Qualitäts”medien wieder mal verabsäumt, diese Geschichte in Kontext zu setzten.
Zum Einen wäre es hier doch interessant gewesen, den „meinungsmutigen” Hr. Rosam, VÖZ-Präsident Thomas Kralinger, Christian Rainer oder andere Vertreterinnen und Vertreter der Klarnamenbefürworter zu dem Thema zu befragen.
Ob sie bei diesem Beispiel auch für eine Klarnamenpflicht wären?
Und dann gibt es ja da auch noch die – in Europa quasi ignorierte – Debatte rund um die neuen Domain-Registrierungsvorschritten der ICANN.
Wer eine Domain, zum Beispiel „fpoe.at” registriert, muss auch Kontaktdaten angeben. Diese werden in einem öffentlich, also für jeden einsichtigen Verzechnis, dem so genannten „Whois” abgelegt. Für fpoe.at sieht das derzeit so aus:
~ $ whois fpoe.at domain: fpoe.at registrant: FPO8807056-NICAT [...] personname: Ing. Joachim Stampfer organization: Freiheitliche Partei Oesterreichs street address: Friedrich-Schmidt-Platz 4/3a postal code: 1080 city: Wien country: Austria [...]
Nun kann man derzeit auch noch so genannte „Domain Privacy” Dienste in Anspruch nehmen. Man kauft dann die Domain nicht direkt beim Provider sondern bei einem dieser „domain privacy” Anbieter, welche dann ihre Kontaktdaten anstelle der eigenen in den Whois Eintrag schreiben. Das würde dann zum Beispiel so aussehen:
Domain privacy ~ $ whois proxy-unblock.com Domain Name: PROXY-UNBLOCK.COM [...] Registrant Name: Whois Agent Registrant Organization: YourJungle Privacy Protection Service Registrant Street: 6140 Tutt Blvd, #160 Registrant City: Colorado Springs Registrant State/Province: CO Registrant Postal Code: 80923 Registrant Country: US Registrant Phone: +1.7209218850 Registrant Phone Ext: Registrant Fax: Registrant Fax Ext: Registrant Email:proxy-unblock.com@yourjungleprivacy.com [...]
Tipp an die mitlesenden Redakteure und Redakteurinnen: Der österreichische Registrar nic.at veröffentlich seit Mai 2010 Telefon- und Faxnummer sowie die E-Mail Adresse eines Domainbesitzer aus Datenschutzgründnen nicht mehr, die Postadresse allerdings weiterhin. Nic.at erlaubt allerdings (noch) die Möglichkeit der Nutzung eines „Treuhänders”. Eine Nachfrage hierzu im Kontext von EauDeStrache wäre auch nicht uninteressant.
Die ICANN, welche, wie der ausgebildete ECDL Besitzer weiß, für die technischen Standards im Internet verantwortlich ist, hat nun einen „Vorschlag” publiziert (PDF), in dem angekündigt/angedroht wird, die Nutzung solcher „Privacy Proxies” stark einzugeschränken . Das ganze natürlich auf Drängen der Unterhaltungsindustrie (vgl. KunstHatRecht, Ruiss und Co.).
Sowohl bei der Electronic Frontier Foundation (EFF), als auch bei der ICANN selber ist der Aufruhr dazu groß, wie Ars Technica berichtet.
Nur in Europa – und natürlich insbesonders in Österreich – hört man von dieser Diskussion genau nichts.
Es hat hier ja, wie etwa die Betreiber von EauDeStrache, offensichtlich niemand etwas zu verbergen.
Aus dem Pahö rund um EauDeStrache hätte man bequem 2-3 gute und interessante, edukative und originäre Geschichten machen können. Schade, dass die österreichischen „Qaulitäts”medien bzw. deren „IT”-Ableger hier wieder mal geschlafen bzw. versagt haben.
Tagged as: dns, internet, medien, politik, rant, whois | Author: Martin Leyrer
[Samstag, 20150627, 14:19 | permanent link | 1 Kommentar(e)