Plazebo für verunsicherte Lehrer

Dieser böse Computer. Wird er in der Schule eingesetzt, dann haben die SchülerInnen natürlich nichts besseres zu tun, als damit Counterstrike zu spielen und zu Schummeln. Die armen Lehrer können sich dagegen nur helfen, indem sie eine Box aufstellen, die jedwede Netzwerkverbindung unterbindet.

So könnte man die Artikel über spielverderber.at auf orf.at, im Kurier und in der Kleinen Zeitung zusammenfassen. Diese Box dürfte, soweit man das den dürftigen Informationen auf der Homepage entnehmen kann, jeglichen Funkverkehr zwischen Laptops und Handys „blockieren”. Der „Erfinder” meint zwar, dass es sich NICHT um einen Störsender handelt, ich persönlich kann mir das aber nicht vorstellen. Wie soll dieser „spielverderber” zwischen „legitimem” WLAN-Netzwerkverkehr in der Nachbarklasse und „bösem” Netzwerkverkehr in der Klasse mit Test und/oder Schularbeit untscheiden können? Und was machen die „armen” Lehrer, wenn das Internet integraler Bestandteil zur Lösung der Aufgaben ist?

Software löst keine strukturellen Probleme.
– Thomas Köster in in phi 01/2001 (PDF)

Dieses unnötige Produkt richtet sich IMHO genau an jene Schulen/Lehrer, welche die Informationstechnologie und deren Einsatz im Unterricht noch immer nicht verstanden haben. Und ich kenne solche Lehrer, jung wie alt, mit Dr. und ohne. Die Herausforderung fasst Gernot Böhme, Professor für Philosophie an der TU Darmstadt schön zusammen: Der Computer löst von sich aus keine Probleme, sondern der Anwender teilt der Maschine im direkten Dialog oder mittels eines Programmes seine eigene Problemlösung mit. Hierin liegt eine grundsätzliche Problematik in der Vermittlung der Informationstechnik in der Schule: den Schülern klarzumachen, dass sie die geistige Arbeit zur Lösung eines Problems selbst leisten müssen..

Technology is merely the enabler, but it is an enabler. Change is the hardest part. Leadership is the critical factor.
– Dr. Michael Hammer’s Remarks at the NGA Annual Meeting, 2001 (PDF)

Wenn Lehrer den SchülerInnen computerbasierte Tests und Schularbeiten vorlegen, bei denen ein Schummeln via SMS, IRC, etc. sinnvoll und machbar ist, hat er/sie IMHO etwas falsch gemacht. Ebenso der Internet-Zugang. Wie sinnvoll ist eine Frage, wenn deren Antwort innerhalb akzeptabler Zeit über das Internet oder in der Wikipedia gefunden werden kann?

Technology will never replace teachers – but, those who use technology will replace those who do not.
Educational CyberPlayground

Es sollte irgendetwas sein, das […] den Lehrern die wohlverdiente Aufmerksamkeit zurückbringt, so der Erfinder Christian Inzko über den spielverderber. Hmmm. Ich denke, dass ein gut ausgebildeter, pädagogisch erfahrener Lehrer kein Problem hat, die Aufmerksamkeit seiner SchülerInnen zu erlangen. Wenn der Lehrer technische Unterstützung (Rohrstaberl, spielverderber, …) benötigt, um die Aufmerksamkeit des Schülers zu erlangen, läuft etwas falsch – abgesehen davon wird er diese dann auch nicht lange haben. Der Schüler wird dann halt aus dem Fenster schauen, c’t im Bankfach lesen oder anderwertig nicht aufpassen.

IMHO wäre es vernünftiger, die Lehrer besser zu schulen, wie man IT im Unterricht sinnvoll anwendet und die Lehrpläne entsprechend anzupassen, anstatt IT als Schreibmaschine mit Rechtschreibprüfung und Overheadfolienersatz zu verwenden. Das bedarf aber motivierter Lehrer, einer entsprechenden Infrastruktur in der Schule (Vollzeit IT-Administrator) und entsprechender rechtlicher Voraussetzungen (Lehrpläne, …). Ein Großteil dieser Voraussetzungen ist in Österreich leider immer noch nicht erfüllt und damit bewegen wir uns bei der Diskussion IT im Unterricht immer noch auf dem Niveau eines „spielverderbers”.

Dass es sich in Kärnten anscheinend noch nicht herumgesprochen hat, dass man auf Webseiten auch eine Hintergrundfarbe setzen sollte, muss hier wohl nicht extra betont werden, oder? Sowohl die Homepage des Spielverderbers, als auch jene des dahinter stehenden Unternehmens präsentieren sich in schönstem Rosa.

spielverderber-rosa datenkonzept-rosa

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[Sonntag, 20070923, 14:33 | permanent link | 0 Kommentar(e)

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