Auch ÖVP hat im Wahlkampf massive Probleme mit dem Datenschutzgesetz
Die ARGE Daten berichtet:
Als Serviceleistung getarnt haben in den letzten Tagen tausende Bürger ein individualisiertes Schreiben des BMF, gezeichnet mit „Mag. Wilhelm Molterer”, erhalten. Tenor: „machen Sie eine Jahresausgleich, so und so viel Euro liegen für Sie vom letzten Jahr bereit”.
Es handelt sich nicht um ein - grundsätzlich legitimes - allgemeines Informationsschreiben zum Jahresausgleich. Der famose VP-Molterer hat für jeden angeschriebenen individuell die vermutete Steuergutschrift berechnen lassen.
Pikantes Detail. Die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung, also die Berechnung der Steuerleistung, ist Sache des zuständigen Wohnsitzfinanzamtes und nicht des Finanzministeriums. Das BMF hat bloß eine organisatorische und disziplinäre Oberaufsicht, darf aber die Steuerdaten der Bürger gar nicht selbst verwenden oder auswerten.
VP-Molterer hat somit einen der zentralen Grundsätze des Datenschutzgesetzes gebrochen, Daten dürfen nur von den zuständigen Stellen verwendet werden. Freilich, ein Erinnerungsschreiben vom Finanzamtsleiter wäre nicht so wahlwerbewirksam, wie das Moltererschreiben.
Es passt zu dieser Amtsanmaßung, dass keine DVR-Nummer angeführt wurde. Ein weiterer Bruch des Datenschutzgesetzes.
Ich hatte in letzter Zeit einige Gespräche zum Thema e-Government und da wurde auch dieses Thema angesprochen. Aber meine Gesprächspartner betonten alle, dass a) dafür eine Gesetztesänderung notwendig wäre und b) das nur sinnvoll (== effizient und geldsparend) wäre, wenn dieses Schreiben in elektronischer Form zugestellt werden würde (Zustelldienst, Einbidung in Finanz-Online) .
Die ganze Aktion hat aber noch einen weiteren Pferdefuß:Tatsächlich sind die genannten Steuergutschriften bloß Hausnummern, „errechnet” aus den vorläufigen Unterlagen des Finanzamtes. Die Höhe der Steuergutschrift lässt sich im Regelfall nicht im vornhinein bestimmen, sondern erst nach Abgabe der Steuererklärung. So könnte es schon dem einen oder anderen passieren, dass er statt 110 Euro Gutschrift doch 220 Euro Nachzahlung zu leisten hat. Das erfährt er aber erst im Oktober und dann ist die Wahl schon vorbei.
Tagged as: bmf, datenschutzgesetz, molterer, rant, övp | Author: Martin Leyrer
[Sonntag, 20080921, 19:33 | permanent link | 0 Kommentar(e)
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