Tourismus vs. IT
Was mich derzeit aufregt:
Neben neuen Förderaktionen der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) wird 2009 auch die Tourismuswerbung angekurbelt. Dazu werden für das Jahr 2009 von BMWA und der WKÖ 4 Millionen Euro für zusätzliche Aktionen in der Tourismuswerbung bereitgestellt.
Und das BM für Wirtschaft und Arbeit meint: Die ÖHT [Österreichische Tourismusbank, Anm.] hat 2008 im Auftrag des Wirtschaftsministeriums knapp 1.000 Tourismusprojekte mit einem Investitionsvolumen von rund 750 Millionen Euro gefördert.
Hans Schenner, Obmann der WKÖ-Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft meinte in diesem Zusammenhang in einer Presseaussendung über die Bedeutung des Tourismus als Jobmotor mit Standortgarantie. „Mit über 170.000 Beschäftigten im Hotel- und Gastgewerbe sind unsere Betriebe [60.000, Anm.] ein wichtiger Arbeitgeber.”
Es bekommen also einige der 60.000 Tourismusunternehmen in Österreich in diesem Jahr 754 MILLIONEN Euro dafür, den Leuten einzureden, ihr immer knapper werdendes Geld nicht zu sparen, sondern für Urlaube auszugeben.
Nur um das in Relation zu setzten: Laut Statistik Austria waren 2006 15.200 Unternehmen mit 111.766 Beschäftigten in der IKT-Branche (Informations- und Kommunikationstechnologie-Branche) tätig. Vor zwei Jahren hatte die IKT-Branche mit deutlich weniger Betrieben fast genausoviel Mitarbeiter wie die Tourismusbranche. Und im Gegensatz zur Tourismusbranche handelt es sich dabei um Ganzjahresarbeitsplätze!
Es geht aber noch weiter. Laut Statistik Austria, WKÖ und BMWA (PDF) beliefen sich sich die direkten und indirekten Wertschöpfungseffekte des Tourismus 2006 auf 15,23 Mrd. Euro.
Im Gegensatz dazu: Laut den Zahlen der RTR vom Juni 2007 (PDF) belief sich der Umsatz des österreichischen IKT-Marktes im Jahr 2006 auf € 14,91 Mrd. – Tendenz weiter wachsend.
Wenn man sich diese Zahlen ansieht, stellen sich mir folgende Fragen:
- Wäre die IKT-Branche damit nicht auch ein mindestens ebensowichtiger Arbeitgeber wie der Tourismus?
- Warum bekommt die IKT-Branche von der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) nicht auch zusätzliches Geld für Werbung, …?
- Warum sind die IKT-Agenden in Österreich noch immer über zig Ministerien vertreut?
- Warum wird der IKT-Masterplan der RTR nicht zügig umgesetzt?
- Warum wird die IKT in den Medien nicht dem Tourismus mindestens gleichwertig berücksichtigt?
Ich denke, ich werde das mal ein paar Fragen an die Parteien und die WKÖ schicken. :)
P.S.: Im „Beherbergungs- und Gaststättenwesen” wurden 2007 503,5 Mio. Euro (5,3 Prozent der Umsätze) bereits über e-Commerce lukriert.
Tagged as: förderungen, it, rant, staat, wkö | Author: Martin Leyrer
[Freitag, 20090109, 16:32 | permanent link | 1 Kommentar(e)
Tja, das jahrzehntelange Lobbying und Jammern der Dorfkaiser (Wirte, Hoteliers, Skiliftbetreiber) bei der willfährigen Politik (siehe verwässertes Rauchverbot!) ist halt - zum Glück! - vielen in der IKT-Branche zu blöd.
Dass die Politiker von selbst handeln ist leider höchst unwahrscheinlich. Gutes Beispiel sind auch die Bauern - 40 Prozent des EU-Budgets gehen an acht Prozent der Bevölkerung, die ein Prozent der Wirtschaftsleistung schaffen.
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