Wien: Das rotgrüne Koalitionsabkommen und die Männer

Beim Lesen des rot-grünen Regierungsübereinkommens für Wien (PDF) kann man sehr schön erkennen, in welchen Kapiteln sich welche Partei stärker „einbringen” konnte.

Allein der Titel „Gemeinsame Wege für Wien” ist aus Männersicht schon ein Hohn.

Aber bevor es ans Krakelen geht, möchte ich doch die 1-2 positiven Punkte herausstreichen.

Weitere Schritte werden in Sachen Ausbau der Delogierungsprävention gesetzt, wobei verstärkt der Housing First-Ansatz verfolgt wird. Qualitätsstandards (z.B. ein rascher Zugang zu allen Stufen des Systems der Wiener Wohnungslosenhilfe) im Wohnungslosenbereich sind von größter Wichtigkeit, das Zielgruppenmanagement wird im Hinblick auf spezielle Angebote für Frauen, Familien und Männer sowie hinsichtlich der zu erwartenden Integrationspotenziale verfeinert und weiter entwickelt.

 

Mütter und Väter finden in der Stadt Wien eine Dienstgeberin, der die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein wichtiges Anliegen ist. Wir setzen auf flexible Arbeitszeitmodelle für Eltern. Ziel ist die weitere Steigerung der Inanspruchnahme der Väterkarenz. Die Einführung eines Papamonats, um mehr jungen Vätern zu ermöglichen, Zeit mit ihren Kindern zu verbringen, wird (nach budgetärem Ermessen) erwogen.
Ich hab mir lang überlegt, ob ich das unter „positiv” einreihen soll. Wenn es um eine Forderung für Frauen gegangen wäre, hätten sie nämlich den Zusatz „nach budgetärem Ermessen” nicht angehängt – soviel zum Thema „GLEICH”berechtigung.

 

Und jetzt zum mühsamen Teil, wenn es um das Thema „GLEICHberechtigung” geht:

In Wien muss jedes Kind unabhängig von Einkommen, Herkunft, Sprachkompetenz und Bildung der Eltern die Chancen auf beste Bildung und Ausbildung haben.
Hier fehlt „unabhängig von Geschlecht, …”. Das wäre dann nämlich beim Bildungsteil interessant geworden.

 

… für Gleichberechtigung
Jede Frau und jedes Mädchen soll in Wien sicher, selbstbestimmt und unabhängig leben können.

Frauen und Mädchen sollen ihre Rolle selbst bestimmen können.
Männer nicht, oder wie? Soviel zum „Gleich”. Bleibt nur mehr die „berechtigung”. Wobei, so überraschend ist das nicht, wenn man sich die Regeln zur Unterhaltsberechnung ansieht, wo man nicht nach dem tatsächlichen (nicht)-Einkommen, sondern danach eingestuft wird, was man laut den Damen des Jugendamtes verdienen könnte, „wenn man sich nur ein bißchen anstrengen würde”. Dazu noch die Anspannungsregel, laut der Mann auf 30% UNTER das Existenzminimum gepfändet werden darf – da hat es sich dann sehr schnell mit der „Selbstbestimmtheit” für Männer.

 

Wien unterstützt unabhängige Frauen- und Mädchenberatungseinrichtungen …
<sarkasmus>Weil Männer und Burschen brauchen ja nie Beratung. Die wissen alles, können alles und meistern alle Lebenssituationen alleine und ohne Hilfe.</sarkasmus>

 

Vorstellbar wären die Einrichtung eines Schulversuches einer AHS-Oberstufe mit dem Schwerpunkt „Sozialberufe” und die Möglichkeit eines daran anschließenden Curriculums (11/2 bis 2 Jahre) als Ausbildung zur KindergartenpädagogIn.
Hier dürften sich die Grüninnen mit der „..pädagogin” durchgesetzt haben. PädagogEN sind für diesen Schulversuch anscheinend nicht erwünscht, obwohl es zahlreiche, auch internationale Studien gibt, die belegen, dass gerade in diesem Alter auch männliche Bezugspersonen wichtig sind. Kommen als nächstes wieder die Schulen „für wirtschaftliche Frauenberufe”?

 

Besonderer Schwerpunkt für Mädchen mit Migrationshintergrund an der Schnittstelle zwischen Schule und Beruf
Weil für Burschen ist es leichter?

 

Frauengesundheit
Das Themenspektrum des Wiener Programms für Frauengesundheit ist breit gestreut. Es reicht von Maßnahmen zur Förderung der Herzgesundheit, einer selbstbestimmten Haltung zum eigenen Körper, insbesondere zum Körpergewicht, einer Absage an den Schönheitswahn über Initiativen zum Brustkrebsscreening bis hin zu einem umfangreichen Angebot für junge Mütter.

Dabei wird auch der Zugang zu frauenspezifischen Leistungen, z.B. in öffentlichen Spitälern, evaluiert. Von den engagierten Aktivitäten des Wiener Frauengesundheitsprogramms haben zahllose Wienerinnen profitiert. Der Fortbestand und die Weiterentwicklung dieser wichtigen Arbeit werden seitens der Wiener Stadtregierung garantiert.
Die Stadt Wien setzt weiterhin auf die Förderung eines gesunden Lebensstils durch die Frauengesundheitszentren.
Mainstreaming von Frauengesundheit hat bei allen Gesundheits- und Pflegemaßnahmen zu erfolgen.

Kinder (Bsp.: Gesunder Kindergarten, Gesunde Schule), Frauen (z.B.: Geh!sund – Bewegte Frauen), sozial benachteiligte Menschen (z.B.: Gesundes Grätzel, Wohnungslose) und SeniorInnen (z.B.: PASEO - Bewegtes Altern in Wien) gehören zu den wichtigsten Zielgruppen für die nachhaltige Gesundheitsförderung in Wien.
Ein eigenes, komplettes Kapitel zur Frauengesundheit. Bin ich froh, dass ich ein Mann bin, weil offensichtlich werde ich in Wien als Mann eh nicht krank. Diese ganzen „Mens Helath Day” Aktionen und so sind anscheinend komplett überzogen. Und ins Krankenaus müssen wir auch nicht - echt super. Herzprobleme haben wir Männer in Wien ebensowenig, wie Probleme mit dem Körpergewicht oder Prostatakrebs. Ein gesunder Lebensstil und nachhaltige Gesundheitsförderung ist für Männer ebenso nicht notwendig – wir können also bei rotem Fleisch, Scotch und Zigarren bleiben. Danke. I’m Danny Crane!

 

Der Schwerpunkt ist für uns im Bereich der Sachleistungen zu legen. Soziale Dienstleistungen wirken als konkrete Armutsprävention, weil sozial benachteiligte Gruppen überproportional von ihnen profitieren: Das starke öffentliche Spitalswesen, das starke öffentliche Bildungswesen und der beitragsfreie Kindergarten, der leistbare öffentliche Verkehr, das starke städtische Engagement beim Wohnen – so bekämpft die Stadt Wien Armut.
Es würde auch helfen, wenn man als Mann nicht bis zu 30% UNTER das Existenzminimum gepfändet werden dürfte („Anspannungsregel”, wer sie kennt).

 

Unser Ziel ist, dass sich Frauen und Mädchen frei entfalten und ihren Beruf und ihre Lebensform aus dem ganzen Spektrum aller Möglichkeiten wählen können.
Männer nicht.

 

Die konsequente Anwendung einer gendersensiblen Pädagogik in allen Bildungseinrichtungen gepaart mit speziellen Programmen, die Mädchen für technische Berufe begeistern, soll das „weibliche” Berufsspektrum erweitern. Der Töchtertag soll weitergeführt werden.
Ein Klassiker. Das gute „gendersensibel”, gefolgt von einem „für Mädchen”. Auch hier haben sich die Grüninnen wunderbar durchgesetzt. Das „gendersensibel” auch für die Burschen gelten würde, wird hier wunderbar übergangen. Ebendso dieser „Töchtertag”. Da wird auf In Wien muss jedes Kind unabhängig von [..] die Chancen auf beste Bildung und Ausbildung haben ganz schnell vergessen und auch darauf, dass „männliche” Berufsspektrum zu erweitern. Dass es bei der GLEICHberechtigung eigentlich darum ginge, diese dumme, altmodische Trennung in Frauen- und Männerberufe durch einen „Kindertag” oder „Tag der Berufe” aufzuweichen, darüber will anscheinend keiner nachdenken. Soviel kann man gar nicht fressen, wie man deswegen Speiben möchte.

 

Junge genauso wie ältere Frauen sind unabhängig von Herkunft, sozialer Schicht, Kultur oder Bildungsstand auf vielfältige Weise von Gewalt betroffen. Gewalt hat verschiedene Ausprägungen, wie sexualisierte, körperliche und/oder psychische Gewalt im sozialen Nahraum, im Arbeits- und Ausbildungsbereich oder durch Fremdtäter, Zwangsverheiratung und weibliche Genitalverstümmelung, Frauenhandel und strukturelle Gewalt.
Wir sehen es als zentrale politische Aufgabe, die langfristige ausreichende Versorgung von Opferschutzeinrichtungen sicherzustellen, für von Gewalt betroffene Frauen rasche und unbürokratische Hilfe anzubieten und alles dafür zu tun, um bestmögliche Unterstützung und Schutz vor Gewaltakten zu gewährleisten.
Hier wäre es angebracht, mal einen Blick auf die Realität zu werfen – Neue Studie: Männer häufiger Opfer von Gewalt als Frauen – und ev. mal geschlechtsneutrale Lösungen zu entwickeln, wie mit Gewalt in einer Beziehung umgegangen wird.

 

Eine sichere Unterkunft im Frauenhaus bietet betroffenen Frauen die Möglichkeit, frei von Druck und Angst neue Perspektiven zu finden. Unterkunftsplätze werden kontinuierlich ausgebaut.
Etwas, das ein Mann, der unter das Existienzminimum gepfändet wird, ev. Job und Wohung verloren hat, … natürlich nicht braucht. Die fängt man dann mit den Obdachlosen- und Drogenhilfsprogrammen ab.

 

Wir sehen es daher als eine wichtige Aufgabe, die Öffentlichkeit weiterhin zum Thema ‘Gewalt gegen Frauen’ zu sensibilisieren. Vorurteile müssen entkräftet und Beratungsstellen beworben werden.
Siehe oben, „Neue Studie: Männer häufiger Opfer von Gewalt als Frauen”.

 

Bewusstseinsbildende Maßnahmen sollen Männer und Frauen in einem ersten Schritt dazu motivieren, Haushaltsführung, Kindererziehung und Pflegearbeit gerecht zu teilen. Halbe-Halbe soll zur gelebten Selbstverständlichkeit werden.
Gleichstellung durch betriebliche Frauenförderung
Wir wollen Wien in Sachen betriebliche Frauenförderung zur Vorzeigestadt machen.
Alles nur leere Worte. Wäre das mit Halbe-Halbe ernst gemeint, gäbe es in dem Dokument nicht nur eine Seite zum Thema „Gleichstellung durch betriebliche Frauenförderung”, sondern beispielsweise auch eine Seite zum Thema Väterkarenz inklusive einem Preis für Unternehmen die sich diesbezüglich engagieren sowie eine Koppelung öffentlicher Aufträge der Stadt an Maßnahmen zur förderung der Väterkarenz.

 

Ein innovativer Meilenstein auf dem Weg zu Gleichstellung wurde bereits mit dem rot-grünen Projekt zur Koppelung öffentlicher Aufträge der Stadt an frauenfördernde Maßnahmen gesetzt.

Transparente und objektivierbare Auswahlverfahren sowie durchlässige und flexible Karrierestrukturen sind die essentiellen Eckpfeiler im Bemühen um echte Chancengleichheit für alle Frauen und Männer.
Passen die zwei Aussagen nur für mich nicht zusammen? Chancengleichheit, aber wenn es um einen öffentlichen Auftrag geht, muss die Frau bevorzugt werden?

 

Die Stadt Wien stellt sich klar gegen jede Form von Diskriminierung, gegen Mobbing und sexuelle Belästigung und stellt ihren MitarbeiterInnen unabhängige Anlaufstellen zur Seite.
Wo ich jetzt viel Geld drauf setzten würde, dass diese Stellen durchgängig von Frauen besetzt sind.

 

Kunst, Kultur und der kreative Output Wiens sind ein wesentlicher Bestandteil der Dynamik dieser Stadt und eine wichtige Artikulationsmöglichkeit für die gesellschaftlich relevanten Diskurse. Kulturpolitik ist immer auch Integrations-, Sozial-, Jugend-, Frauen- und Bildungspolitik.

Gleichstellungspolitik, Frauenförderung und Gender Mainstreaming müssen auch im Kunst- und Kulturbereich Selbstverständlichkeit werden. Deshalb wird im Rahmen der Kunst- und Kulturförderung der Stadt Wien der Frauenförderung noch stärkeres Augenmerk geschenkt werden. Die Ergebnisse der bisherigen Verankerung von Gender Mainstreaming werden einer Evaluierung unterzogen
Als Mann hat man mit Kulturpolitik also nix zu suchen. Merke: Wenn Du als Mann im Kulturbereich was erreichen willst, schick eine Frau vor.

 

IMHO handelt es sich bei diesen Punkten um die Konsequente FOrtsetzung des Parteiprogrammes der Grüninnen. So gesehen muss man vor Ihnen den Hut ziehen, das haben sie gut gemacht.

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[Sonntag, 20101114, 21:34 | permanent link | 0 Kommentar(e)

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