Videoüberwachung in Österreich kein Eingriff in die Privatsphäre mehr
Ende des Jahres waren die Wiener Linien mit einigen sehr bedrückenden Schlagzeilen in den Medien:
- Mann vergewaltigt Frau in Wiener U-Bahn
- U6: Wieder Vergewaltigung
- Gewalt in U-Bahn: Überwachungsfotos ausgewertet
Eigentlich unvorstellbar und für die Betroffenen eine Katastrophe.
Fast noch schlimmer war aber die Reaktion der Wiener Linien auf diese Ereignisse:Eine weitere Konsequenz: Schon nach der Vergewaltigung von vergangener Woche kündigten die Wiener Linien an, die Videoüberwachung auszubauen. Derzeit werden drei von vier U-Bahn-Zügen überwacht – in der U6 sind es bereits alle. Verhindern kann man derartige Vorfälle damit zwar nicht, aber: Einerseits argumentiert man mit der Abschreckung potenzieller Täter. Andererseits kann man damit zumindest im Nachhinein die Täter leichter identifizieren.
Eine Sprecherin der Wiener Linien zeigte sich schockiert. Noch nie in der Geschichte der Verkehrsbetriebe hätte es einen derartigen Fall gegeben. Dass es in der U-Bahn häufig sexuelle Übergriffe gibt, dementiert sie: „Das kommt so gut wie nie vor.”
Dem widerspricht allerdings eine Studie des Instituts für Verkehrswesen, die Ende September aufgezeigt hat: Viele Frauen beklagten, dass sie bereits einmal in U-Bahnen und U-Bahn-Bereichen sexuell belästigt wurden („Die Presse” berichtete). Studienmitarbeiterin Juliane Stark hat sogar gemeint: „Es scheint so zu sein, dass wir von einem echten Problem sprechen können.”
Unmittelbare Konsequenzen wird der aktuelle Fall bei den Wiener Linien nicht haben. Denn eine Sprecherin betont: „Wir tun bereits, was wir können.”
Ich frage mich, was sich die Opfer dieser Übergriffe gedacht haben, als sie das in den Medien gelesen haben. „Verarscht” wäre da noch ein Hilfsausdruck in meinen Augen. Ich würde da wohl rot sehen und Amok laufen.
Seltsamerweise kamen auf diese Aussagen auch keine Rückmeldungen von den SPÖ-Frauen oder den Grüninnen.
Ebenfalls erschütternd fand ich die nicht-Reaktion auf die Ankündigung der Wiener Linien, die sinnlose Videoüberwachung weiter auszubauen:
Die Wiener Öffi-Betreiber wollen nun bis Jahresende die Videoüberwachung in den Stationen, aber auch in den U-Bahnen und Bims weiter ausbauen und nehmen dafür 1,2 Millionen Euro in die Hand. Derzeit werden bereits zwei Drittel der U-Bahn-Stationen mit Kameras überwacht, ebenso drei Viertel aller U-Bahn-Züge.
1,2 Mio. Euro für noch mehr als die breits vorhandenen 4.000 Kameras, die KEINEN der Übergriffe verhindern konnten noch verhindern werden, da die Kamerabilder nicht „live” beobachtet werden.
Und auch hier kam es zu keinem „Aufschrei”. Medien (Außnahme @shroombab in einem FuZu Kommentar), quintessenz, arge-daten, Grüninnen Wien, Bundesgrüninnen, Piraten Wien, Bundespiraten, usw. SCHWEIGEN. Kein Kommentar, nichts.
Anscheinend wurde die Privatsphäre außerhalb des Internets in Österreich bereits zu Grabe getragen.
Tagged as: datenschutz, dsk, privacy, privatsphäre, rant, wien, wiener linien | Author: Martin Leyrer
[Sonntag, 20130106, 20:16 | permanent link | 0 Kommentar(e)
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