Welchen Preis hat Deine Privatsphäre?
Die Privatsphäre ist, wenn man den üblichen Quellen und dem generellen Konsens folgt, nicht nur das Recht in Ruhe gelassen zu werden, sondern das aktive Recht, darüber zu bestimmen, welche Daten über sich von anderen gebraucht werden und welche Daten auf einen selbst einwirken dürfen.
Sieht man sich die ach so modernen Web 2.0 Anwendungen an, so fällt daran auf, dass man für deren Verwendung mehr oder weniger freiwillig seine Privatsphäre verändert/verkleinert. So gibt man bei Xing, Facebook und Co. etwa Geburtsdatum und andere persönliche Daten seinen „Freunden” (und natürlich dem Serverbetreiber) frei. Google, Amazon, Ebay und Co. sammeln Daten über das Einkaufs- und Surfverhalten. Möchte man etwa bei oe24.at etwas posten, ist sind Handynummer und mehr Pflichtangaben.
Aber nicht nur im Second Life werden Daten fleißig gesammelt. Auch im echten Leben sind die Datenhamster unterwegs. Für läppische 3% Gutschrift über die Summe aller im Jahr getätigten Einkäufe geben wir gerne all unsere persönlichen Daten an und lassen unser Einkaufsverhalten von den Friends bei Obi, Merkur und Billa analysieren, damit wir noch gezielter und umsatzoptimierender beworben werden können. Ah, der Hr. X kauft anstatt von Windeln, Babynahrung und Gemüse nur noch Fertigpizza und Inzersdorfer-Dosen? Da dürfte eine Scheidung im Laufen sein, schnell – kürzt seinen Einkaufsrahmen.
Neuestes Beispiel für die fleißigen Datensammler ist die Uniqa-Versicherung. Für Ersparnisse von 93 bis 324 Euro im Jahr (Zahlen aus den Beispielsrechungen der Uniqa) begibt man sich in die totale Überwachung seiner Autofahrten. Offiziell wird von der Uniqa natürlich nur die monatliche Kilometerleistung nach Stadt/Land/Autobahn aufgehoben, um die Kosten für die Kunden zu ermitteln und auch die aktuelle Fahrzeugposition wird nur im Notfall auf Anweisung des Fahrers bzw. im Diebstahls- oder Unfallfall übertragen. Aber die Informationen des Unternehmens weisen diesbezüglich einige Lücken auf.
So schreibt die Uniqa in ihrer Presseaussendung: Der „SafeLiner“ im Auto stellt die Position durch Satellitennavigation fest. Er übermittelt Daten und Alarmmeldungen über das Handy-Netz mit GPRS an ein Rechenzentrum. Dort werden die Informationen ausgewertet, …
. Interessant, dass die Uniqa nicht angibt, an welches Rechenzentrum. Aber der Konzern putzt sich noch weiter ab:
Für Gerät und Datenaufbereitung wählte man die niederösterreichische Dolphin Technologies, ein Tochterunternehmen der italienischen Gruppe MetaSystem, einem Elektronikzulieferer der europäischen Autoindustrie und Spezialist für Telematiklösungen. Die Einsatzzentrale betreut der ÖAMTC, die Notfallmeldungen gehen über das A1-Netz der mobilkom. Die UNIQA Tochter call us Assistance International GmbH verwaltet die Serviceverträge für die Kunden.
Damit kann sich die Uniqa natürlich schön abputzen und sagen, dass man keine Daten über die Summen hinaus sammle. Aber wer hat nun die Bewegungsdaten der Kunden, wie lange werden diese gespeichert, etc.? Alles Fragen, zu denen es keine Antworten von der Uniqa gibt. Dabei wecken diese Daten doch einige Begehrlichkeiten.
So lassen sich ja nicht nur Infos bezgl. der benutzen Straßenart (Stadt, Land, Autobahn), sondern auch bezgl. Geschwindigleit, Fahrtdauer, Streckenmuster, etc. aus den GPS-Daten auslesen. Und wenn die Versicherung nach einem Unfall meint, dass man selber schuld sein, weil man ja schon länger als x Stunden gefahren sei, wirds argumentativ mühsam, wenn man sich beispielsweise mit einem Freund abgewechselt hat. Oder der Hr. Innenminister verspürt wieder mal das Bedürfnis, Terroristen zu jagen. Dann hätte er ja jeden gesetzliche Berechtigung, die Bewegungsdaten von der Uniqa bzw. einder der beteiligten Firmen anzufordern. Nachdem sich die Uniqa zu diesem Thema in der Aussendung serh bedeckt hält, vermute ich da mal Böses.
Mehr dazu gibt es bei der Arge-Daten.
Lustig finde ich auch, dass die Uniqa in ihrer Aussendung auf das eCall Projekt der EU verweist, welches sich laut Uniqa erst im Planungsstadium befindet. Nachdem laut EU aber bereits nächstes Jahr Feldtests beginnen sollen, würde ich eher sagen, dass die „SafeLiner” Kunden der Uniqa zwei mal Lehrgeld bezahlen werden/dürfen.
Die technischen Voraussetzungen zeigen auch schön die Zielgruppe des Uniqa-Angebots: Windows 95 Besitzer, welche ihre Windows 95 Installation noch nie aktualisiert haben. Anders lässt sich die Unterstützung solcher Exoten wie Microsoft Internet Explorer 4.0, 5.0 und 5.5, die alle von Microsoft nicht mehr unterstützt werden erklären. Und warum anstelle des Firefox noch immer Netscape angegeben wird, ist auch sehr seltsam. Das wird doch nicht an der gewählten Technologieplattform Websphere liegen, oder?
Naja, wie auch immer. Ich brauche keinen BigBrother, der mir bei Autofahrten über die Schulter sieht und bei dem nicht offiziell geklärt ist, welche Daten durch wen wie lange wie gespeichert werden. Da zahl ich im Jahr lieber ein paar Euronen mehr.
Tagged as: privacy, rant, Uniqa, überwachung | Author: Martin Leyrer
[Dienstag, 20071023, 00:05 | permanent link | 0 Kommentar(e)